Schreiben statt Schweigen ist von Anfang an ein Leitgedanke bei da-sein.de.
Manchmal ist aber auch Schreiben UND Schweigen eine mögliche Form des Umgangs mit Trauer. Hier in Auszügen die Gedanken einer trauernden Jugendlichen aus dem Jahr 2015, die nicht mehr sprechen wollte / konnte:
Das hier ist meine letzte Chance. Alle wollen dass ich rede. Doch ich will nicht reden. Da sie eh nichts verstehen. Mich nicht verstehen. Nicht verstehen können. Wie sollen sie auch. Ich weiß noch nicht mal ob ihr mich verstehen könnt. Aber ich hoffe es. Wo soll ich anfangen, am besten da wo alles angefangen hat. Am Tag an dem meine Schwester gestorben ist. Es war ein Unfall. Plötzlich war sie nicht mehr da. Von meiner Seite gerissen. Da habe ich mit dem Schweigen angefangen. Denn wozu reden wenn sie mich nicht mehr hört und sie hat mich auch ohne Worte verstanden. Aber ich muss reden weil sie mich sonst wegsperren lassen, da ich mich selbst gefährde sagen sie. Dabei will ich doch nur nah sein und einen Moment der Stille, denn nur weil mein Mund schweigt so meine Gedanken nicht. In meinen Kopf schreie ich. Und hier muss ich nicht reden zumindest nicht so wie sie wollen. Weil ich es nicht kann. Hier sind es nur Buchstaben auf dem Bildschirm keine Worte die meinen Mund verlassen. Meine Schwester war immer die Rednerin von uns beiden. Sie brauchte Worte um sich auszudrücken um ihren Gefühlen Raum zu verleihen. Ich hab schon immer lieber geschrieben. Jetzt habe ich so viele Worte benutzt ohne wirklich was zu sagen.
Warum ich euch schreibe ist so. Ich will sterben um bei meiner Schwester zu sein. Ein Stück ist eh schon mit ihr gestorben. Ich will wieder ganz bei ihr sein. Aber sie lassen mich nicht…Einerseits weiß ich das es falsch ist. Mein Verstand weiß es. Aber mein Herz meine Gefühle meine Gedanken schreien JA zu sterben zum Tod. Ich befinde mich im Kampf mit mir selber und sie machen es noch schwerer komplizierter schwerer und doch leichter.Ich kann einfach nicht mehr. Ich kann einfach nicht mehr mit mir selber und ohne meine Schwester leben. Aber ich weiß meine Schwester würde wollen das ich lebe. Aber es tut so weh-es zerreißt mich innerlich. Sterben leben sterben leben sterben- es beherrscht mich. Die Gedanken sind immer da lassen mich nicht in Ruhe…
Die Verfasserin hat der Veröffentlichung zugestimmt.
Mit fällt dazu ein Satz ein, der auf einem Mosaik in Pompeji gefunden wurde. Aus dem Lateinischen übersetzt besagt er: Gesprochenes vergeht, Geschriebenes bleibt.