Heute möchte ich euch einen Text vorstellen, den Annika, 15 Jahre alt, geschrieben hat. Sie ist an Leukämie erkrankt und wird seit 2016 auf da-sein.de begleitet, weil ihre Mutter gestorben ist, als sie 13 war. Ihre Peer-Beraterin hatte ihr in einer Nachricht das Nebel-Gedicht geschickt, das ihr auf dem Bild lesen könnt. Hier ist Anikas Antwort darauf – einer Veröffentlichung auf diesem Blog hat sie zugestimmt.
Hallo,
Das Gedicht gefällt mir übrigens sehr. Mir kam so der Gedanke, dass der Nebel, von dem in diesem Gedicht die Rede ist, vielleicht der Krebs sein könnte. Er ist ja auch so dunkel, schleierhaft und undurchschaubar für mich und eben auch nicht greifbar.
In dem Gedicht steht ja, dass der Nebel sich langsam vortastet…Bei mir war es der Krebs, der allmählich angeschlichen kam und bis wir es bemerkt haben, hat es ja auch ne Weile gedauert und dann Zack war er da und nichts war mehr wie vorher. Alles war neu und verändert. „Dann steigt er auf. Bis er mich trennt von Hier und Dort“. Er hat mich von einem zum anderen Tag aus meinem alten „Hier“ gerissen und mich von meinem Zuhause getrennt. Von nun an war ja irgendwie das Krankenhaus hier mein „Zuhause“.
Im zweiten Abschnitt heißt es „Ein Nebel, ein Dieb, der mir alle Ziele nahm“. Bis zu einem gewissen Grad hat mir der Krebs viele Dinge genommen…oft auch die Hoffnung, die Kraft und die Freude am Leben. Aber ich glaube nicht, dass er mir alle meine Ziele nahm. Weil mindestens ein Ziel werde ich erreichen – egal wie. Sei es das, dass ich gesund werde und mein Leben leben kann oder ich werde sterben und dann kann ich meine Mama wieder sehen und bin frei und glücklich. Befreit vom Krebs. Also egal, was auch passiert, der Krebs wird mir nie alle meine Ziele nehmen können. Und das erlaube ich ihm auch gar nicht. Und was ich sah, verschwindet auch nicht. Das ist nämlich alles in meinem Kopf gespeichert. Die schönen Momente im Leben, die Zeit mit meiner Mama und andere tolle Augenblicke werde ich ja trotzdem nicht vergessen, auch wenn ich irgendwann nicht mehr leben werde. Ich hoffe, dass sich die gesammelten Erfahrungen weiter in mir drin befinden werden und ich das alles nie verlieren werde.
In dem Gedicht geht es zwar um den Nebel, aber ich kann es trotzdem so auf meine Situation grade beziehen. Es passt alles irgendwie so.